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Wegen des langwierigen Prozesses des Autokaufens in Ontario durfte ich das Farmleben der Familie Suter kennen lernen. Ich war wieder zurück bei den Kälbern und habe ihnen per Schoppen Milch gefüttert.

Wieder zurück bei den Kälbern

Meine Farmarbeit hätte mit dem Verlassen von Island abgeschlossen sein sollen. In Nordamerika wollte ich ein Auto kaufen und damit losziehen. Da ich mich mit Autos nicht auskenne und noch nie ein eigenes Auto besessen habe, war ich unsicher, wie lange das dauern und wie schnell ich ein Auto gefunden haben würde. Daher suchte ich vor meiner Abreise aus der Schweiz nach Bekannten in Nordamerika und fand die Familie Suter in Alexandria ON.
Der Autokauf dauert nun viel länger als angenommen, was sich für mich schlussendlich als Glücksfall herausstellt. Die Familie Suter betreibt eine grosse Milchfarm mit über 600 Kühen. Nach den ersten paar Tagen Leben wie im Hotel kann ich Franz und Sarah beim Kälbertränken unterstützen.

Arbeit mit den Kälbern

Jeden Morgen um 6:00 Uhr suchen wir den Kalberstall auf. Darin verbringen die zukünftigen Milchkühe ihre ersten 90 Tage. Sarah fängt mit den kleinsten Kälbern an. In der ersten Woche erhalten sie die Milch aus dem Schoppen. Franz füllt die Milchfässer für die älteren Tiere. Diese wissen wo die Nuggis sind und freuen sich schon auf die frische Milch. Ich beginne mit dem Reinigen des Stalls. Es gibt verschiedene Gruppen je nach Alter der Kälber. In diesen Gruppen haben sie jeweils einen erhöhten Bereich, der mit Sägespänen ausgelegt und trocken ist, darin legen sich die Kälber zum Schlafen und Ausruhen hin. Im vorderen Bereich ist es feucht vom Mist, diesen räume ich zur Seite.
Anschliessend erhalten die zwei Gruppen mit den ältesten Kälbern Kalberfutter in fester Form von Mais und anderes Würfelfutter. Zudem streue ich zusätzliche Sägespäne in den Liegebereich. Wenn es viele Kälber hat oder einige, die nicht schnell trinken, helfen Franz und ich auch noch mit dem Schöppälä der Jüngsten. Sobald alle ihre Portion Milch erhalten haben, kontrolliert Franz die frischen Mütter, ob alle bei guter Gesundheit sind und Sarah macht dasselbe mit den Kälbern. Sie nimmt sich viel Zeit die Tiere zu beobachten, um allfällige Anzeichen von Unwohlsein zu bemerken. Das können hängende oder kalte Ohren sein, eine magere Statur oder anderes auffälliges Verhalten wie Inaktivität oder Rückzug in die Ecken. In diesem Fall kommt der Fiebermesser zum Zug. Die gemessene Körpertemperatur und eine allfällige medikamentöse Behandlung wird täglich protokolliert. Sobald die Kälber aus den Einzelboxen in die Gruppen verschoben werden haben alle Ohrmarken. So hat Sarah immer die Kontrolle über den Gesundheitszustand ihrer Schützlinge. Am Abend erhalten die Tiere nochmals Milch oder Kalberfutter, aber die Reinigung und genaue Beobachtung der Tiere findet nur am Morgen statt.

Das Leben einer Milchkuh

Da im Hauptstall der Familie Suter über 600 Kühe gemolken werden, bedarf es einiges an Organisation, um diesen Betrieb aufrecht zu erhalten. Deshalb kann man auf diesem Hof ganz gut die verschiedenen Stationen und Phasen einer Milchkuh miterleben.

Geburt und die erste Woche in der Einzelbox

In einem abgetrennten Bereich im grossen Milchkuhstall, welcher mit Stroh ausgelegt ist, kommen die Kälber auf die Welt. Von da werden sie innerhalb von einigen Stunden in den Kalberstall verschoben und erhalten ihre eigene Box für ca. eine Woche. Morgens und abends sollten sie Milch aus dem Schoppen trinken. Falls sie Durchfall bekommen, was immer wieder vorkommt, müssen sie sich mit Wasser zufrieden geben. Wir haben 19 Einzelboxen. Wenn alle belegt sind, ist man froh, wenn man die Kälber nicht alleine tränken muss. Sonst sind zwei Stunden schnell vergangen. In dieser Zeit erhalten sie eine Impfung über die Nase in die Lunge, damit sie gegen Lungenkrankheiten gewappnet sind. Falls ein Kälbli jetzt schon Fieber hat, wird es auch dagegen mittels Spritze behandelt. Die erste Milch aus dem Schoppen muss auch die erste gemolkene Milch der frischen Mutter sein. Denn über diese Muttermilch wird die Immunität der Mutter auf das Kalb übertragen. Danach erhalten sie für einige Tage normale Kuhmilch bis sie dann langsam auf die mit Säure angereicherte Milchpulvermilch umgestellt werden. Die Säure unterstützt die Verdauung der Milch im Magen. Nach ca. einer Woche werden die Kälber, falls sie kräftig genug sind, aus ihrer Einzelbox entlassen und der ersten Gruppe zugeführt. Die Stierkälber werden jeweils am Montag verkauft und von einem Händler abgeholt. Nur selten wird ein Stier aufgezogen. Wenn dann muss er von einer guten Mutter und einem guten Vater abstammen. Denn trotz künstlicher Besamung werden doch noch Stiere im Stall benötigt.

Von der Milch zur festen Nahrung

Nach den Einzelboxen gibt es fünf Gruppen mit je 10 - 30 Kälbern. Pro Gruppe bleiben die Tiere etwa zwei Wochen. Ab der ersten Gruppe bleiben die Tiere in ihrer Gruppe immer zusammen. Nur einzelne Kälber, die langsamer wachsen oder durch eine Krankheit geschwächt wurden, müssen eine Runde nachsitzen.
In den ersten beiden Gruppen erhalten sie mit Säure angereicherte Milchpulvermilch. Es hat immer genug für alle, sie können trinken so viel sie wollen. Zusätzlich haben sie die Möglichkeit, Wasser zu trinken und Kalberfutter zu essen. In der dritten Gruppe wird die Milch langsam zurückgefahren. Begonnen wird mit 10 l pro Tier und Tag. Von Tag zu Tag wird die Milchmenge reduziert. Dadurch werden ihre Mägen langsam auf Wasser, Kalberfutter und Heu umgestellt. In der fünften Gruppe gibt es keine Milch mehr. Da müssen sie Wasser trinken und Kalberfutter essen. Im ganzen Kalberstall befinden sich normalerweise 60 – 90 Tiere und sie sind ungefähr 90 Tage da.

Vom Kalberfutter zum Gras, Mais und zur Soja

Wenn die Tiere die fünfte Gruppe verlassen, gibt es für sie einen Ortswechsel. Bis jetzt waren sie auf dem Hof in St. Bernadin, nun zügeln sie in die drei Ställe hinter dem Wohnhaus der Familie Suter ausserhalb von Alexandria.
In den ersten beiden Ställen sind je vier Gruppen mit 20 – 30 Tieren untergebracht. Auch diese Gruppen sind jeweils in zwei Bereiche geteilt, den Liegebereich geschützt unter Dach und im vorderen Bereich die Futterstelle mit Blick ins Freie. Heu und Kalberfutter steht auch hier am Anfang auf dem Speiseplan. Doch schon bald machen die Tiere Bekanntschaft mit ihrer zukünftigen Hauptnahrung. Diese besteht aus Gras-, Mais,- und Sojasilage. Das wird in sogenannten Fahrsilos das ganze Jahr über gelagert. Als ungefähr halbjährige Kälber wechseln sie in den zweiten Stall. Die Futterstelle ist jetzt draussen unter dem freien Himmel. Das macht sich bei kaltem und nassem Wetter bemerkbar. Die Tiere liegen dann lieber im trockenen geschützten Bereich und wachsen in dieser Zeit etwas langsamer. Das Kalberfutter wird nun zurückgefahren und schlussendlich ganz abgesetzt.

Vom Kalb zum Rind

Die etwa einjährigen Kälber wechseln von der ersten Gruppe im dritten Stall in die nächste grösste Gruppe mit ca. 110 Tieren. Nun sind sie bereit trächtig zu werden. Täglich kommt Neil der Insaminator zu Besuch. Er schaut sich die Tiere genau an, um herauszufinden welche im Moment stierig sind. Diese werden dann künstlich besamt. Mit fremden Spermien wird Inzucht vorgebeugt und man kann mit hoher Wahrscheinlichkeit weibliche Kälber erhalten. Auch andere Eigenschaften der Kälber können beeinflusst werden, wie «easy calving» also kleine Kälber, damit die Mutter eine leichtere Geburt hat. Zudem führt Neil auch Trächtigkeitsuntersuchungen nach 30 und 70 Tagen durch. In der nächsten Gruppe sind noch 50 Tiere. Hier bleiben die werdenden Mütter bis etwa zu ihrem 20. Lebensmonat. Rinder, die nicht trächtig werden, kommen auch in die letzte Gruppe, denn darin befindet sich ein Stier. Dieser merkt noch genauer, wann die Rinder zulassungsbereit sind, somit wird jedes Rind trächtig.

Kalbern

Die trächtigen Rinder werden zurück nach St. Bernadin gebracht. In der ersten Gruppe dürfen sie sich an den grossen Stall und die vielen anderen Kühe gewöhnen. Einen Monat vor dem Kalbern kommen sie in eine neue Gruppe. Da stehen sie unter spezieller Beobachtung und werden, sobald die Anzeichen auf Kalbern stehen, in die Geburten-Box mit Tiefstreue versetzt. Nun sind sie wieder am gleichen Ort, an dem sie vor zwei Jahren auf die Welt kamen. Das Neugeborene geht jetzt auf den gleichen Weg wie früher seine Mutter. Für diese beginnt nun die Zeit der Milchproduktion.

Dreimal melken pro Tag

Die Kühe werden dreimal pro Tag gemolken. Das steigert ihre Milchproduktion und verhindert ein allzu pralles Euter. Die Melkzeiten sind um 4:00 Uhr, 12:00 Uhr und 20:00 Uhr. Gemolken werden sie in einem Melchstand. Hier auf der Farm in St. Bernadin ist es ein Doppel-10er. Damit können immer 20 Kühe gleichzeitig gemolken werden. Die Kühe werden gruppenweise in einen Warteraum geschickt, von wo sie in den Melchstand gelangen. Dieser öffnet sich pro Seite separat und zehn Kühe gehen hinein und drehen sich um 90°, damit sie mit dem Hintern und dem Euter gegen den Mittelgang stehen. Die Zitzen werden mit verdünntem Jod geputzt und abgewischt und anschliessend wird das Melkgerät angehängt. Sobald die gesamte Reihe fertig ist, gehen die Bügel vor den Kühen auf und alle zehn können zurück in ihre Gruppe gehen und zehn neue Tiere betreten den Melchstand. Beim Hineingehen wird die Nummer der Kuh per Halsband erfasst und die Milchwerte werden pro Kuh im Computer protokolliert. So können mit zwei Personen 500 Kühe in etwa fünf bis sechs Stunden gemolken werden.

Die unterschiedlichen Phasen der Milchproduktion

Nach dem Kalbern kommen die Kühe zuerst für 2,5 – 3 Monate in die «fresh-Gruppe». Mit der Zeit steigert die Kuh ihre Milchproduktion. Den Peak erlangt sie etwa 70 bis 100 Tage nach dem Kalbern. Nach 60 Tagen wäre die erste Chance, die Kuh wieder zuzulassen. Dadurch würde man aber den Milchpeak gleich wieder abwürgen. Deshalb wechseln die Tiere zuerst in die «high-Gruppe». Davon gibt es zwei verschiedene. Die Kühe der ersten und zweiten Laktation teilen sich eine Gruppe und die älteren Kühe ab der 3. Laktation sind separat. Anderenfalls würden die jungen Kühe von den älteren geplagt und von den besten Plätzen verdrängt. 90 oder 120 Tage nach dem Kalbern werden sie wieder zugelassen und sobald ihre Milchproduktion nachlässt, teilt man sie der «low-Gruppe» zu. Die ersten 30 Tage der nächsten Laktation werden die Kühe trocken gestellt. In diesem Monat werden sie nicht gemolken. Bevor sie dann wieder in die Gruppe kurz vor dem Kalbern gelangen und der Kreis beginnt von neuem. Zum Fressen erhalten die Kühe immer dasselbe Futter bestehend aus Mais,- Gras,- und Sojasilage, nur die Menge und die Mischung ändert sich je nach Phase, in der sich die Kuh befindet. Die Kühe mögen keine Überraschungen, sie haben es am liebsten, wenn sie immer die gleichen Abläufe haben und dasselbe Futter bekommen. Im Schnitt gibt eine Kuh pro Tag etwa 44 Liter Milch. Wobei sie je nach Phase unterschiedlich viel Milch produziert. Der Rekord liegt bei 100 Liter Milch in einem Tag. In einer Laktation also vom Kalbern bis zum nächsten Mal Kalbern produziert eine Kuh der Familie Suter etwa 14'000 Liter Milch. So können von einer Kuh 80'000 Liter oder mehr in fünf, sechs, oder sieben Laktationen zusammen kommen.

Arbeiten mit der Familie Suter

Während meiner Zeit auf dieser Farm in Kanada hat mich besonders die Arbeitseinstellung der Familie Suter inspiriert. Ich habe noch nie an einem Ort gearbeitet, an dem die Mitarbeiter durchwegs so fröhlich waren und das trotz Sieben-Tage-Woche und langen Tagen von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr. Es ist wunderbar zu sehen wie Marcus über das ganze Gesicht strahlt, wenn er mit dem Traktor das Futter zu den Kälbern fährt. Oder wie sich Sarah jeden Morgen die Zeit nimmt, die kleinsten Kälber zu füttern, zu beobachten und wenn nötig Fieber zu messen. Auch Franz, der nun seit 30 Jahren diese Farm in Kanada führt, ist noch immer jeden Tag voll Freude dabei. Ein solches Arbeitsklima ist ansteckend und hat sicher auch dazu beigetragen, dass es mir so gut gefallen hat. Aber auch die Familie Suter kämpft mit wirtschaftlichen Zwängen. In den USA wird die Milch viel günstiger produziert, Auflagen an den Stall und die Tierhaltung erfordern Investitionen, das alles führt dazu, dass viele kleine Betriebe nicht überleben und von grösseren Farmen aufgekauft werden.
Mich würde es reizen die Feldarbeit kennen zu lernen. Wenn mit den grossen Maschinen der Mais und die Sojabohnen geerntet werden. Dies geschieht im Sommer und Herbst. In dieser Zeit habe ich andere Pläne in Alaska. Vielleicht finde ich in einem anderen Jahr die Zeit, auch bei diesen Arbeiten dabei zu sein.
Vielen herzlichen Dank an die Familie Suter für die Beherbergung und die herzliche Aufnahme in die Familie.
 
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