Nach dem Mittagessen erhalten wir eine erste Sicherheits-Einführung. Für jede Person gibt es eine Schwimmweste und einen Überlebensanzug in der Kabine. An Deck gibt es an der frischen Luft drei Sammelstellen für Notfälle, an denen jeweils zwei Rettungs-Rafts sind. Hinten am Heck des Schiffs ist das Rettungsboot mit Platz für 47 Personen. Wir dürfen alles besichtigen.
Die Abfahrt, welche auf 16:00 Uhr angesetzt war, verschiebt sich noch einmal um zwei Stunden. Pünktlich um 18:00 Uhr, wir sitzen noch beim Abendessen, sehen wir durch die Fenster, wie sich der Hafenkran langsam bewegt. Es geht endlich los. Alle Passagiere begeben sich nach draussen aufs oberste Deck. Wir fahren an der Elbphilharmonie vorbei und winken den Menschen auf der Plaza zu. Diese befindet sich ungefähr auf unserer Höhe. Weiter geht es ganz ruhig die Elbe hinab in Richtung Meer. Langsam wird es dunkler und die Lichter von Hamburg beginnen zu leuchten. Ein Matrose warnt uns vor den Radarstrahlen und meint, wir sollten besser nach unten kommen. Bis wir den Boeing Flughafen passiert haben stehe ich noch draussen und beobachte die vorbeiziehenden Lichter.
Zurück in der Kabine geniesse ich nun wieder meine Privatsphäre nach der Woche Mehrbettzimmer in der Jugi Hamburg. Das eine Bett nutze ich als Ablage für mein Gepäck, das andere wird nicht zweckentfremdet. Ich lege mich auf die harte Matratze und schlafe bei leichtem Motorenbrummen ein.
Drill – Notfallübung mit der gesamten Crew
Am zweiten Fahrtag findet nach dem Mittagessen die offizielle Notfallübung statt. Der Drill. Sieben kurze und ein langer Signalton ist das Notfallzeichen. Alle Personen auf dem Schiff versammeln sich beim Checkpoint Bravo. Nur der Captain und ein Offizier befinden sich noch auf der Brücke. Wir werden vom Captain auch auf die Brücke gebeten und können unsere Schwimmwesten erstmal deponieren. Nun werden wir offiziell begrüsst. Die letzten Tage seien sehr anstrengend gewesen, er habe kaum geschlafen. Durch das schlechte Wetter von Liverpool bis nach Hamburg war unser Captain dauernd gefordert. In den nächsten Tagen wird aber gutes Wetter vorausgesagt. Somit sollte sich die Situation entspannen.
Kurz darauf werden wir vom Messman abgeholt und zum Rettungsboot gebracht. Heute dürfen wir sogar einsteigen und auf den Sitzen Platz nehmen. Das Boot, welches ganz am Ende platziert ist, bietet Schutz für 47 Personen. Wenn die gesamte Mannschaft eingestiegen ist, kann es per Kran oder im freien Fall ins Wasser gesetzt werden. Im Inneren sitzt man rückwärts in Schalensitzen, um einen harten Aufprall auf dem Wasser möglichst unbeschadet zu überstehen. Das Rettungsboot hat genügend Diesel, um 24 Stunden mit 6 Knoten zu fahren und soll angeblich unsinkbar sein und sich immer von selber wieder aufrichten.
Rettungsboot fĂĽr 47 Personen
Am nächsten Tag erhalten wir eine Führung in den Autodecks und durch den Maschinenraum. Im Inneren unserer Atlantic Sky wird eine gewaltige Menge an Fahrzeugen transportiert. Wir sehen ein Deck voller Ford Personenwagen, weiter unten in einem höheren Geschoss sind die Traktoren und Baumaschinen festgezurrt. Zwischen Lastwagenanhängern entdecken wir den Mercedes von Ruth und Markus. Die anderen beiden Autos meiner Mitreisenden bekommen wir nicht zu Gesicht.
Der Bus von Ruth und Markus
Im Maschinenraum wird es laut und warm. Eine Hauptmaschine treibt die Schiffsschraube mit 7,4 Metern Durchmesser an. Die 90 U/min ergeben unsere Reisegeschwindigkeit von ca. 17 Knoten. Bei 77 U/min ergibt das 13'800 PS. Gleichzeitig wird ein Generator betrieben solange die Hauptmaschine mit mehr als 72 U/min dreht. Der daraus resultierende Strom versorgt das gesamte Schiff. Zusätzlich befinden sich vier grosse Dieselgeneratoren an Bord, da die Bugstrahler elektrisch betrieben werden und mehr Strom benötigen als der Hauptgenerator liefern kann. Gestartet wird die Maschine per Druckluft wie früher die Lastwagen. Auf der einen Seite befindet sich der Schweröltank. Dieses Gewicht wird mit der Ladung ausgeglichen. Das entstehende Ungleichgewicht durch die Verbrennung des Treibstoffs wird durch Auffüllen von Wassertanks ausgeglichen.
Im Bug und im Heck besichtigen wir die riesigen Leinen, mit denen das Schiff im Hafen fest gebunden wird. Vorne befinden sich zudem zwei grosse Anker jeder an einem 300 Meter langen Seil. Falls sich der Anker nicht mehr lösen lässt, das Schiff aber schnell wegfahren sollte, kann ein Stahlbolzen, welcher das letzte Kettenglied hält, herausgeschlagen werden. Dieser Punkt ist mit «BITTER END» beschriftet.
Crew auf der Atlantic Sky
Auf diesem Containerschiff arbeiten ungefähr 23 Personen. Es gibt zwei Gruppen welche jeweils hierarchisch aufgebaut sind. Ungefähr zehn Personen der Besatzung sind Ingenieure und kümmern sich um die Maschine. Sie unterstehen dem Chefingenieur. Die anderen kümmern sich um die Navigation und die Küche an Bord. Unser Kapitän ist ein Bulgare und auch die höheren Offiziere sind aus Bulgarien. Die weiteren Crewmitglieder sind Philippinos und ein Brite. Bordsprache ist offiziell Englisch, aber untereinander wird jeweils in der Landessprache gesprochen. Die Philippinos sind immer sehr zuvorkommend, auch wenn sie nicht immer verstehen, was wir uns von ihnen wünschen. Unter ihnen ist die Stimmung locker und es wird oft gelacht. Der Kapitän und seine Offiziere sind unzugänglich und ernster. Viele der Philippinos arbeiten neun Monate auf dem Schiff, um danach für zwei oder drei Monate zu ihren Familien zurückzukehren. Alle erhalten pro Tag eine Stunde langsames Internet, das nutzen sie meistens, um mit ihren Angehörigen zuhause zu kommunizieren.
Gesteuert wird das Schiff von der Brücke aus. Auch wir erhalten Zugang zur Brücke und dürfen den Offizieren über die Schultern schauen. Auf hoher See und bei ruhigen Bedingungen, wie wir es erlebt haben, ist es eine leichte Aufgabe. Es wird ein Punkt anvisiert und bis dieser erreicht wird fährt man gerade aus. Über den Atlantik kann das auch bedeuten, dass wir mehrere hundert Seemeilen geradeausfahren. Auf dem Radar sieht man die Schiffe in der Umgebung. Kommuniziert wird mit diesen nicht. Es gibt Regeln auf See, durch diese kann ein Zusammenstoss verhindert werden. Auf hoher See besteht die Aufgabe der Offiziere hauptsächlich darin, da zu sein und mit dem Feldstecher die Umgebung nach Schiffen abzusuchen. Ganz anders sieht das bei Hafenein- und Ausfahrten aus. Da ist der Kapitän persönlich auf der Brücke und alle ziehen ihre Uniform an. Bei den von uns angefahrenen Häfen kam jeweils einige Meilen ausserhalb des Hafens ein Lotse an Bord. Dieser nimmt auf der Brücke Platz und übernimmt die Kontrolle des Schiffs per Sprachbefehle. Er gibt ungefähr im Minutentakt die Geschwindigkeit und die Stellung des Ruders an den Steuermann durch. Der Kapitän und die anderen Offiziere sind auch auf der Brücke anwesend und beobachten das Geschehen. Wir hatten zwei sehr schwierige Manöver zu vollbringen. Zum einen die Fahrt durch die Schleuse in Liverpool, bei der unser Schiff gerade noch durch kommt. Auf beiden Seiten sind noch etwa 30 Zentimeter Wasser bis zur Hafenmauer. Bei diesem Manöver und beim Drehen im Hafen helfen Schlepperboote des Hafens mit. Die zweite schwierige Strecke war die Einfahrt ins neblige Halifax. Man sah gerade noch die Spitze unsers Schiffs. Von der Stadt und den anderen Schiffen links und rechts war durch den dichten Nebel nichts zu erkennen.
2 Comments
Hallo Elias
der Ăśbersichtstext passt nicht zum Beitrag. Der Beitrag ist super.
Danke ich habe es korrigiert.