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Leben auf dem Frachtschiff März 19

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Die Überfahrt mit dem Frachtschiff gibt einem viel Zeit. Man kann das Nichtstun geniessen, das unendliche Meer bestaunen und sich Gedanken machen, die im normalen Alltag keinen Platz haben.

Ein Tag auf dem Frachtschiff

Jeder Blick aus dem Kabinenfenster sieht gleich aus. Rund um uns ist nur dasselbe ruhige Meer zu sehen. Sanft bewegt sich das Schiff hin und her, Tag für Tag. Der Alltag ist immer derselbe. Frühstück von 8:00 Uhr bis 8:30. Ich stärke mich für den Tag mit Spiegel- und Rühreiern und zwei Pancakes mit Honig und Konfitüre. Nach einem kurzen Spaziergang auf dem Deck verfliegt die Hoffnung auf einen interessanten Tag. Alles ist wie gestern. Ich war noch nie so lange an einem Ort, an dem die Umgebung scheinbar so statisch ist. Obwohl ich jeden Morgen 400 Kilometer vom gestrigen Standort entfernt aufwache gibt es nichts Neues. Nicht einmal das Klima ändert sich und auch nicht das Wetter. Jeden Morgen Sonnenschein. Gegen den Abend ziehen dünne Wolken auf. Irgendwie ist es langweilig. Doch es könnte auch jeden Moment etwas geschehen.
 
 
 
Live Position der Atlantic Sky
 
Ruhige See auf der Atlantik Überfahrt
Jeweils um 10:00 Uhr zeigt jemand von uns Urlaubfotos, um uns die Zeit zu vertreiben. Virtuell reisen wir von Alaska über Island, Norwegen, Namibia, die Schweiz bis nach Sri Lanka. Um 12:30 Uhr ist Mittagszeit. Es gibt Suppe und grüner Salat mit Oliven, Zwiebeln und einer Käsegarnitur. Der Käse wechselt von Tag zu Tag, die Breite der Karottenstreifen auch. Der Salat selbst bleibt der gleiche. Der Hauptgang besteht aus einem Teller Fleisch oder Fisch mit Gemüse, Erbsen gibt es jeden Tag. Manchmal schmeckt es besser manchmal weniger gut. Heiss wird es fast nie serviert. Ich glaube das ist üblich auf See. Das Buffet der Crew steht allzeit bereit, um die verschiedenen Schichten abzudecken. Die Mitarbeiter wärmen sich ihr Essen in der Mikrowelle auf. Am Mittag wird meistens sogar ein kleiner Nachtisch in Form von Früchten oder einem Kuchenstück serviert.
Die vier freien Stunden am Nachmittag gilt es nun zu füllen. Ich nutze die Zeit hauptsächlich, um meine Fotos zu sortieren. Am Abend gibt es Salat und einen Hauptgang. Jeden zweiten Tag wird die Zeit um 18:00 Uhr um eine Stunde zurück gedreht. So erhalten wir lange Abende. Nach dem Abendessen mache ich oft einen Besuch auf der Brücke. Sunny der fröhliche philippinische Offizier arbeitet jeweils ab 16:00 Uhr im Kontrollraum des Schiffes. Er beantwortet uns geduldig jede Frage. Solange nur er und wir Passagiere auf der Brücke sind herrscht eine lockere Atmosphäre. Diese friert sofort ein, sobald der Captain die Brücke betritt. Dann ziehe ich mich meistens in meine Kabine zurück.

Viel Zeit und wenig zu tun

Es ist eine spezielle Zeit auf dem Schiff. Wir haben nichts zu tun. Die einzigen Fixpunkte sind die Mahlzeiten. Weil der Speisesaal der einzige gemütliche Raum auf dem Schiff ist, versuchen wir am Anfang der Reise auch nach dem Essen noch sitzen zu bleiben. Der Captain unterbindet dies aber sofort. Seine Crew benötige diesen Raum für sich. Wir sollten uns in den Conference Room verschieben. Das einzige kleine Fenster in diesem Raum bringt nur wenig Tageslicht herein, was keine gemütliche Atmosphäre entstehen lässt. Wir halten uns darin nur für die gegenseitigen Fotopräsentationen auf. Trotz der tollen Gruppe die wir sind halten wir uns viel alleine auf. So schweifen mir viele Fragen durch den Kopf. Wohin führt mich diese Reise wohl? Werde ich es zustande bringen ein Auto zu kaufen und es so auszubauen, dass es für mich ein neues Zuhause sein wird? In Island habe ich mich nach einiger Zeit sehr wohl gefühlt, obwohl ich durch die tägliche Arbeit meinem Ziel ‚Freiheit‘ nicht viel näher als in der Schweiz gekommen bin. Hier auf dem Schiff habe ich Zeit, aber die physische Freiheit ist sehr begrenzt. Wie wird es wohl sein ohne Ziel und Pflichten aufzustehen. Werde ich die freie Zeit überhaupt geniessen können? Oder ist viel Zeit vor allem dann begehrenswert, wenn man sie nicht hat. Wenn man den ganzen Tag verplant hat mit Dingen, die man machen muss, obwohl sie einem nicht glücklich machen. Momentan freue ich mich am meisten auf meine erste Nacht im Zelt. Irgendwo an einem See. Ich vermisse das wunderbare Gefühl leicht fröstelnd in den Schlafsack zu steigen und nach einiger Zeit die langsam aufkommende Wärme zu spüren, während der Wind um das Zelt bläst und draussen alles dunkel ist. Ich bin gespannt, ob ich dann glücklich einschlafen werde oder ob ich dann an meine warme trockene Kabine auf dem Schiff denke.

Reisen ins Ungewisse

Ich bin froh, dass ich diese Reise jetzt mit 30 Jahren mache. Vielem kann ich unbeschwert entgegen blicken. Mir ist es egal, ob ich einen Tag früher oder später ankomme. Auch versuche ich keine Gewohnheiten oder das Verlangen nach Suchtmitteln von Europa mitzunehmen. Nach zwei Monaten ohne Kaffee trinke ich am Morgen jeweils eine Tasse Schiffskaffee und habe kein Problem, wenn er nicht dem gewohnten Standard entspricht. Alle meine Mitreisenden sind ungefähr die Generation meiner Eltern und weitgereiste Leute. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass sie noch einigen Ballast in Form von Gewohnheiten, Sicherheitsgefühl und Routinen von Zuhause mitbringen. Vielleicht wird es mit fortgeschrittenem Alter schwieriger sich davon zu befreien. Oder sie haben gar nicht das Bedürfnis danach. Im Gespräch erfahre ich dann auch, dass sie ihre Reisegewohnheiten mit der Zeit geändert haben, dass heute Komfort und Genuss höher gewichtet wird als die Entdeckung des Unbekannten. Ich hoffe, dass es bei mir noch anders ist und lasse es auf mich zukommen.

Mit dem Schiff nach Amerika

Es war eine super Erfahrung von Europa mit dem Schiff nach Amerika zu fahren. Ich würde es wieder machen. Dann würde ich aber einige Brettspiele mitnehmen. Ich glaube mit einigen guten Freunden könnten das kurzweilige zwei Wochen werden. Wir hätten genügend Zeit, um alle Kartenvarianten von Dominion zu spielen und grosse Pläne für die Zukunft zu schmieden.
Sicht auf den Bug

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