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12. Januar 2021Waldbrände an der Westküeste September 2020
28. Januar 2021In der Wüste von Oregon besuche ich eine Mine und erlebe den Wilden Westen wie eine andere Welt. Hier wird nach Sunstones gegraben und ich erhalte einen Einblick in das Leben der Mineure.
6
Tage
37°C
Temperatur
473km
Strecke
Übernachtung
6
Dachzelt
Die Mine in der Wüste
Patsy, eine weitere Cousine meines Onkels, wohnt an der Küste von Oregon. Zusammen mit ihrem Mann Don besitzt sie eine Mine im Outback von Oregon. Diese Mine ist mein Tagesziel für heute. Von John habe ich die Koordinaten erhalten und in meiner Offlinekarte im Telefon eingetragen. Nach vier Stunden Fahrt von Boise befinde ich mich in der Wüste auf einer Schotterpiste und habe den Abzweiger nach links verpasst. Aber da war auch kein Weg zu sehen. Ich drehe um und entdecke entlang eines Zaunes eine Autospur im Sand. Ein richtiger Weg ist das wohl nicht, doch die Mine liegt etwa drei Kilometer nördlich von hier und ich sehe keinen besseren kurzen Weg. Langsam fahre ich dem Zaun entlang. In der Mitte der Fahrspur wachsen Büsche die je länger je grösser werden. Die Spur verschwindet immer mehr, bis sie schlussendlich nicht mehr zu sehen ist. Auf geradem Weg zur nächsten Strasse fahre ich durch die Wüste. Die Büsche kratzen unter dem Auto und an den Seiten, hinter mir bildet sich eine grosse Staubwolke und ich versuche möglichst wenige trockene Büsche mit meinen Reifen zu erwischen. In dieser Nachmittagssonne möchte ich lieber keinen Reifen wechseln. Nach einigen Kilometern durch die Wüste stehe ich wieder auf einer Kiesstrasse. Nun sollte es nicht mehr weit sein. Als ich im Camp ankomme, sitzen zwei Leute im Schatten zwischen zwei Wohnwagen und begrüssen mich.
Don Buford und die Dust Devil Mining Company
Don und Patsy sind im Wohnwagen und begrüssen mich in ihrem Reich. Seit dreissig Jahren bringt Don, der Vietnam Veteran, Sunstones zu Tage. Die kristallartigen Steine findet man hier im Wüstenboden. Viele sind milchig durchsichtig mit einem leichten Gelbstich. Doch einige haben auch einen rosa oder grünen Schimmer oder sind sogar richtig rot. Das sind die wertvollen Steine. Die schönsten Exemplare werden geschliffen und in Ringen, Halsketten oder anderen Schmuckstücken verarbeitet. In der Mine arbeitet auch Leif. Der junge Mineur in meinem Alter buddelt das Rohmaterial mit dem grossen Bagger aus der Erde. Trisha und Doug helfen überall, wo es sie braucht. Hauptsächlich betreuen sie die Kunden, welche hier in die Wüste kommen um selber nach Steinen zu suchen.
Die Entstehung der Sunstones
Oregon Sunstone ist ein calciumreicher Plagioklas-Feldspatkristall, der sich in der Magmakammer eines Vulkans gebildet hat. Während seiner Bildung hat er Kupfer und Spurenelemente von Gold, die in der Kammer vorhanden waren, in der Kristallmatrix eingefangen. Die Farbe des Oregon Sunstones hängt davon ab, wie viel von diesen Elementen der Kristall während seines Wachstums aufgenommen hat. Der Kupfer-Schiller-Effekt hängt von der Menge des Kupfers im Kristall ab und macht den Oregon Sunstone einzigartig in der Welt. Als der Vulkan ausbrach, wurden die Kristalle innerhalb des Lavastroms eingeschlossen und warteten Millionen von Jahren darauf gefunden zu werden. Der Lavastrom, in dem die Kristalle gefunden werden, ist chemisch mit dem Yellowstone Vulkansystem verbunden.
Die Ureinwohner von Amerika sammelten die Sunstones und nutzten sie als Tauschmittel. So wurden sie vom Mississippi bis nach Alaska gehandelt.
Der Weg der Sunstones
Don hat 14 Claims à 20 acres (80‘000 m2). Auf einem solchen Claim werden mehrere Dutzend Löcher gebohrt und anschliessend gesprengt. So wird die harte Basalt-Schicht durchbrochen. Darunter, in etwa fünf bis sieben Metern Tiefe, befinden sich die Sunstones zwischen all den anderen Steinen. Mit dem Lastwagen wird dieses Material zum Camp gefahren. Eine Produktionsstrasse aus verschieden groben Sieben sortiert die grossen Steine und den feinen Sand aus. Alles von etwa 1 bis 5 Zentimetern wird gewaschen und ist nun zum Durchsuchen bereit. Im kommerziellen Betrieb fahren die Steine auf einem Förderband durch eine optische Sortieranlage. Per Kamera werden die Sunstones erkannt und mittels Luftstrahl aussortiert. Für den touristischen Betrieb gibt es ein zweites Förderband. Auf diesem können die Sunstones per Hand aussortiert werden. Für ungefähr einen Kubikmeter steht man eine Stunde am sogenannten «belt run». Je nach Material findet man mehr oder weniger, schöne, grosse oder kleine Steine. Trisha steht zuvorderst und steuert die Anzahl Steine, welche aufs Förderband gelangen. Die Kunden platzieren sich rechts und links am Band und picken die gewünschten Steine heraus. Wobei die schönen und grossen Sunstones jeweils nicht an der ersten Person vorbei kommen. Doug steht zuhinterst und pickt die übersehenen Steine heraus. Dabei helfe ich ihm einige Male. Alle gefundenen Sunstones werden anschliessend auf einem Küchentablett ausgebreitet und mit Wasser abgespült. Nun wird der Preis der Steine bestimmt. Ein belt run kostet pauschal 80$. Alle Sunstones ohne Farbe sind gratis. Die restlichen werden nach Farbe und Intensität sortiert und bewertet. Viele Steine haben eine Bruchkante und sind deshalb nur in Teilen weiter bearbeitbar. Bezahlt wird immer nur das, was sich auch schleifen und als Schmuckstück tragen lässt. Je nach Ausbeute kostet ein belt run schlussendlich zwischen 200 und 400$. Wenn ganz grosse farbige Steine dabei sind, kann es auch über 1000$ kosten. Die Steine müssen aber nicht gekauft werden. Man kann auch nur mit den farblosen Gratis-Steinen nach Hause gehen. Aber ohne Steine geht kein Kunde nach Hause.
Das Leben im Camp
Am Wochenende haben sich viele Besucher angemeldet. Neben den Kunden, welche auf der Durchfahrt anhalten und einen belt run machen, hat die Dust Devil Mining Company auch viele Stammkunden, welche jedes Jahr wieder kommen. Dafür stehen mehrere Wohnwagen auf dem Areal, welche den Kunden gratis zur Verfügung stehen. Am Morgen wird gemeinsam gefrühstückt und die Vorfreude auf die Steine steigt. Durch den Tag hindurch finden dann mehrere belt runs statt und es wird gemeinsam über die gefundenen Steine gefachsimpelt oder die schönen fertig geschliffenen Steine im Showroom begutachtet. Am Abend sitzen wir noch lange an den Tischen zwischen den Wohnwagen und diskutieren über die gängigen Themen in Amerika: Waffen, Wahlen und den Präsidenten. Waffen sind sehr wichtig für die freiheitsliebenden Mineure und daher erfreut sich auch Donald Trump grosser Beliebtheit.
Amerikas Präsidentschaftswahlen
Don ist ein ausgesprochener Republikaner und wird am 3. November sicher Trump wählen. Die Angst vor dem Sozialismus der Demokraten ist gross. Was ich nicht verstehe ist diese total unterschiedliche Hilfsbereitschaft auf privater und auf gesellschaftlicher Ebene. Die Geschichte vom Besucher mit dem platten Reifen wird in den kommenden Tagen mehrfach erzählt. Nicht alle Leute, die den Weg hierher in die Wüste finden, sind gleich gut vorbereitet. Doch einen Reifen aufpumpen ist hier im Lager kein Problem. Die 30$ dafür werden dann auch nur widerwillig entgegen genommen. Dons Credo ist, für Hilfe muss nicht bezahlt werden. Im eins zu eins wird hier ein sehr soziales Verhalten an den Tag gelegt. Wenn es um gesellschaftliche Hilfe geht wie Krankenkasse oder günstige Bildung ist die Hilfsbereitschaft verschwunden. Das wäre ja Sozialismuss. Noch wichtiger sind die Waffen. Diese möchten sie hier auf keinen Fall abgeben, doch genau das befürchten sie bei einem Sieg der Demokraten. Dazu kommen die wohl in jeder Demokratie kritisierte Bürokratie mit fragwürdigen Gesetzen und die Verwendung der Steuergelder. Die für mich wichtigeren Themen wie Gerechtigkeit in der Gesellschaft, Macht der Konzerne, Arbeitsbedingungen und der Klimawandel sind nur Themen am Rande. Dafür wird schon von einem möglichen Bürgerkrieg gesprochen. Da im Falle eines Sieges der Republikaner die Demonstrationen wohl nicht abnehmen werden und im Falle eines Sieges der Demokraten die Republikaner die Verfassung mit Waffengewalt verteidigen werden, insbesondere die freie Meinungsäusserung und das Tragen von Waffen. In der Welt von Don stehen uns düstere Zeiten bevor. Ich habe das Gefühl in einer anderen Welt zu leben. Doch es hat auch jüngeres Publikum. Zwei Paare, welche in der Biochemie arbeiten. Die Liebe zu Waffen ist auch da vorhanden, wobei nicht bei allen. Einer zeigt sich mit keinem der Präsidentschaftskandidaten einverstanden und wird sich wohl enthalten. Andere werden für Biden stimmen, obwohl sie das nicht ausdrücklich aussprechen. Die Diskussion findet auf jeden Fall statt. Ich höre gespannt zu und mische mich nur wenig ein. Schlussendlich zeigt sich wieder einmal, dass die Amerikaner ein herzliches und mir gegenüber sehr gastfreundliches Volk sind, egal welche politischen Ansichten sie vertreten.
Trisha, Doug und Leif
Die drei Angestellten der Mine haben sehr interessante Biografien. Trisha, die Elektrikerin, und ihr Mann Doug, der Sanitärinstallateur, haben mehrere Jahre auf einem Segelboot verbracht und dabei in den Gewässern um Mexiko und bis hoch nach Alaska gelebt. Aus dieser Zeit wissen sie viele Geschichten zu erzählen und können mir einige Tipps für Mexiko geben. An einem Abend nehmen sie mich mit ins kleine Dörfchen Plush. Wir essen einen Hamburger und trinken ein Bier. Für sie ist es die kleine Abwechslung vom Minenalltag mitten in der Wüste. Danach fahren wir hoch ins Hard Mountain Wildlife Refuge und besuchen den Hotspring. Ein kleiner warmer Pool lädt hier zum Baden ein. Das Naturschutzgebiet hält, was es verspricht. Wir sehen Gabelböcke, Rehe, Kojoten und wilde Hühner.
Leif hat sich entschieden nach seiner bürgerlichen Berufslaufbahn etwas zu machen, was ihm wirklich Freude bereitet und sucht nun nach wertvollen Steinen. Er findet sie nicht nur, er schleift sie auch und erstellt Fassungen aus Gold und Silber für Halsketten und Ringe. Auch Taschenmesser verziert er kunstvoll mit Steinen.
Es ist immer wieder toll auf meiner Reise unerwartete Bekanntschaften zu machen und Dinge zu entdecken, welche überhaupt nicht auf meiner Liste standen. Vielen herzlichen Dank für die freundliche Aufnahme in die Dust Devil Mining Familie!
Alle meine Bilder dürfen für die private Verwendung als Hintergrund für den Computer, das Tablet oder das Smartphone verwendet werden. Für alle anderen Verwendungen brauchen Sie meine Einwilligung. Nehmen Sie bitte dazu Kontakt mit mir auf oder kaufen Sie eines meiner Schweizer Bilder auf Papier gedruckt.