
Wallis – Piz Palü – Spitzmeilen
23. Mai 2017
Blautulón – Langisjór 25.7.
15. August 2017Wir stehen um 8:30 Uhr auf dem Gipfel des Piz Palü. Wo unsere Blicke auch hinschweifen sehen wir Schnee, Eis, Berggipfel und über uns den blauen Himmel. Diesen Juli hat es funktioniert mit einer weiteren Hochtour im Bernina Gebiet. Eine absolute Traumtour.
Piz Trovat
Im Winter konnten wir den Piz Palü wegen zu viel Schnee leider nicht besteigen.
Darum findet unser zweiter Versuch anfangs Juli statt. Die Anreise verschieben wir
vom Montag auf den Dienstag. Der Wetterbericht hat für die kommende Nacht keine
Niederschläge angekündigt und somit sollten wir am Mittwochmorgen früh im
Trockenen loslaufen können.
Wir fahren mit dem Auto bis zur Talstation Diavolezza. Die ersten 900 Höhenmeter
überwindet die Bahn für uns. Das Gletschermaterial deponieren wir im Zimmer und
machen uns mit der Kletterausrüstung auf den Weg. Für den ersten Tag
haben wir uns den Klettersteig am Piz Trovat vorgenommen. Mit einer Schwierigkeit
von 2-3 ist er die ideale Tour, um sich an die Höhenluft und das grossartige
Panorama zu gewöhnen. Wir steigen von der Bergstation Diavolezza auf dem
Wanderweg einige Meter Richtung Gletscher ab, um zum Einstieg des Klettersteigs
zu gelangen. Mit dem Helm auf dem Kopf und mit dem Klettersteigset am Gurt
gesichert geht es über eine erste Leiter los Richtung Gipfel.

Piz Trovat 3145 m.ü. M. und Piz Palü 3900 m.ü. M.
Wir klettern über
viele Eisentritte die fast senkrechte Felswand hoch. Die Aussicht wird immer besser
je höher wir steigen. Der Vadret Pers liegt unter uns und hinter dem Fels kommt
langsam unser morgiges Ziel der Piz Palü zum Vorschein. Mit den vielen Eisentritten im
Fels kommt man gut voran. Um die Besteigung etwas spannender zu gestalten
überwinde ich einige Passagen direkt auf dem Fels ohne Griffe und Tritte. Nach ca.
zwei Drittel Höhe verläuft der Weg einige Meter nach unten und führt über die Seilbrücke
zur Gipfelfelswand. Wir nehmen die einfachere Route und sparen uns die schwierige
Variante für einen anderen Tag. Der Gipfel ist ein guter Platz für die Mittagspause
und unser Bergführer Patrick Keller macht seinen obligaten Kopfstand. Der
Wanderweg auf der Rückseite führt uns zurück zur Bergstation Diavolezza.
Diavolezza
Es bleibt noch genügend Zeit, um die grandiose Berglandschaft rund herum zu
studieren, bevor wir im Panoramarestaurant das Abendessen geniessen. Die Sonne
verschafft sich immer mehr Raum am Himmel und ich freue mich auf die schöne
Abendstimmung. Pünktlich zum Sonnenuntergang sind die umliegenden fast 4000er
Gipfel klar zu sehen, nur der höchste der Ostalpen – der Piz Bernina versteckt sich
hinter einer einsamen Wolke. Mir gefällt das Schauspiel. Es entstehen einige tolle
Fotos. Kurz nach 9:00 Uhr legen wir uns schlafen. Es wird sowieso nur eine kurze
Nacht werden. Da ich nur selten in einer solchen Bergkulisse übernachte, stehe ich
schon um 2:00 Uhr wieder auf, um einige Fotografien bei Mondlicht zu machen. Die
Wolken sind verschwunden und der Piz Palü wirft einen gewaltigen Schatten auf den
Gletscher. Leider verdeckt er auch die Milchstrasse. Ich habe die Nachthimmel-App
wieder mal falsch gelesen. Zurück im Bett lege ich mich nochmals 30 Minuten auf die
Matratze, bevor unser Abenteuer um 3:15 Uhr beginnt.

Diavolezza

Piz Bernina

Piz Bernina im Mondlicht
Piz Palü
Wir lassen uns das reichhaltige Frühstücksbuffet auch mitten in der Nacht
schmecken. Gestärkt und mittlerweile auch wach starten wir um 4:00 Uhr. Auf dem
Wanderweg gehen wir östlich am Piz Trovat vorbei bis zur Fuorcla d’Arlas. Hier
montieren wir unsere Steigeisen und seilen uns an. Ebenerdig steigen wir auf den
Gletscher. Wir gehen über den flachen Gletscher Richtung Mond, welcher genau über
dem Piz Palü steht. Die Stirnlampe ist schon nicht mehr nötig, so hell ist das
Mondlicht. Am Fusse des Piz Cambrena beginnt der steile Gletscher und damit auch
die Spaltenzone. Im Zick-Zack folgen wir der Spur vorbei an den gewaltigen
Gletscherspalten. Die Verhältnisse sind ideal, der Firn ist noch gefroren und bietet
guten Halt. Erstaunlicherweise sind nur wenige Seilschaften unterwegs. Wir kommen
gut voran und erreichen gegen 6:15 den Schnappsboden.

Piz Palü
Die Sonne hat den Mond abgelöst. Es wird langsam wärmer. Auf Empfehlung unseres Bergführers
entfernen wir uns von der Normalroute auf dem Grat zwischen der Fuorcla Pers-Palü
und dem Piz Palü. Wir kraxeln nun am kurzen Seil gesichert in luftiger Höhe über
den Felsgrat bis zum nächsten Firnfeld. Dieses verläuft in einer leichten S-Kurve mit
über 45° ziemlich steil nach oben. Für mich sieht es aus wie ein kleiner Biancograt.
Voller Freude stapfe ich den Grat hoch. Mittlerweile sind wir in der Sonne
angekommen. Beim Skidepot kehren wir zurück auf die Normalroute. Nach einer
kurzen Pause geht es weiter zum letzten Teilstück, dem Gipfelanstieg. Es wird
nochmals steil. Auf dem Firnfeld geht es wieder in Spitzkehren hoch. Erst die letzten
160 Meter vor dem Piz Palü-Ostgipfel weisen nur noch eine leichte Steigung auf.
Aber der Weg ist auf der Gratspitze, links und rechts geht es über gefühlte 100 Meter
senkrecht nach unten. Voller Konzentration und in kleinen Schritten geht es
vorwärts. Auf dem Ostgipfel gibt es eine kleine Verschaufpause, bevor es die letzten
500 Meter wiederum über einen ausgesetzten Grat zum Hauptgipfel geht. Die Uhr
zeigt 8:30 Uhr und das Tagesziel ist schon erreicht. Die Aussicht auf die
umliegenden Berge der gesamten Ostalpen ist grandios. Im Engadin liegen noch
einzelne Nebelschwaden, aber der Piz Palü und sein grosser Bruder der Piz Bernina
sind wolkenlos. Von Westen kommen uns zwei Seilschaften entgegen, welche vom
Rifugio Marco e Rosa CAI gestartet sind und den Palü in Richtung Osten
überschreiten.

Piz Palü Aufstiegsroute

Piz Palü Nord Ost Grat
Obwohl ich mich an dieser Weitsicht kaum satt sehen kann, müssen
wir den Rückweg unter die Füsse nehmen. Aber nicht ohne ein Kopfstandfoto
unseres Bergführers! Nach dem Ostgipfel kommt uns eine weitere Seilschaft
entgegen. Wir warten an einer nicht ganz so schmalen Stelle, um zu kreuzen und
Patrick steht schon wieder kopfüber auf dem Weg, obwohl es auf beiden Seiten steil
nach unten geht. Zurück beim Skidepot geniessen wir um halb zehn unser Mittagessen.
Wir steigen über die Normalroute den Gletscher hinab. Der Firn wird allmählich etwas
weicher, aber alle Gletscherspalten-Querungen funktionieren noch. Um 11:20 Uhr
erreichen wir den Gletscherrand und können unser Eisgerät wieder im Rucksack
verstauen. Ich geniesse meinen letzten Schluck Marschtee. Zum Glück ist es nicht
mehr weit zur Diavolezza. Auf der Terrasse sitzend geniesse ich den Anblick des Piz
Palü, stolz, diesen tollen Berg bestiegen zu haben. Obwohl es erst kurz nach Mittag
ist, fühlt es sich an wie am späten Nachmittag. Ich werfe noch einen letzten Blick
zurück auf die vergletscherten Berge und fahre dann mit der Luftseilbahn ins Tal
zurück.
Ein herzliches Dankeschön geht an unseren Bergführer Patrick Keller, welcher uns
sicher durch dieses hochalpine Gebiet geführt hat und das Wetter perfekt einplante.

Piz Palü Gipfelgrat

Aussicht gegen Norden vom Piz Palü
2 Comments
Traumhafte Tourenbeschreibung und wunderschöne Fotos! Gratulation!
Ganz herzlichen Dank.