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Weihnachten in Kanada Dezember 2019

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23. April 2020
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Weihnachten 2019 durfte ich zusammen mit der Familie White in Dawson Creek feiern. Es war toll über den Jahreswechsel mit so liebevollen Menschen zusammen zu sein und die Wärme des Holzofens zu geniessen.

Übernachtungen

Willkommen in Dawson Creek

Etwas ausserhalb von Dawson Creek werde ich in einer vollen Stube begrüsst. Jennifer und Jamie haben vier Kinder: Markus 7, Hadrian 5, William 3 und Aurelia 1.5 Jahre alt. Dementsprechend viel los ist bei ihnen zuhause. Die drei älteren Jungs sind noch etwas schüchtern, aber das ändert sich in den kommenden Wochen. Im oberen Stock erhalte ich ein Zimmer mit grosser Fensterfront, durch die ich jeden Abend den Sternenhimmel bestaunen kann. Auf dem Grundstück stehen neben den verschiedenen Werkstätten und Ställen zwei Cabins. Eines wird von Jamies Eltern das andere von seiner Schwester bewohnt. Daher sind neben den vier Kindern fünf Erwachsene und ich im Haus.

Kampf gegen Food Waste

Jamie ist selbstständig. Er hat vor etwa zwei Jahren dieFirma Loop Resource gegründet, die sich dem Kampf gegen die Verschwendung von Lebensmitteln widmet. Die Firma macht es Kleinbauern und sozialen Organisationen möglich, die abgelaufenen Lebensmittel von Supermärkten abzuholen und selbst zu gebrauchen. Meine Gastfamilie alias Firma Loop überzeugt die Supermärkte von diesem Service und organisiert die Abnehmer. Die Bauern müssen für die abgelaufenen Lebensmittel nichts bezahlen. Die Supermärkte bezahlen, das ist für sie günstiger als die Abfallgebühren. Insgesamt machen schon über 100 Supermärkte in ganz Westkanada bei diesem Programm mit. Die grosse Nachfrage hat zur Folge, dass die Firma trotz Mithilfe der gesamten Familie fast nicht mehr nachkommt mit der Organisation der Abnehmer.

Pferde, Ponys, ein Lama, Hunde, Katzen und einen Goldfisch füttern

Wenige Tage nach meiner Ankunft reist die ganze Familie nach Vancouver um Verwandte zu besuchen. In dieser Zeit darf ich das Haus hüten, die Tiere füttern und die Ruhe geniessen. Draussen auf der Weide sind sechs Pferde, denen ich alle paar Tage das Wasser auffüllen muss und jeweils morgens die Eisschicht im grossen Bottich mit einer Axt aufschlage. Sie fressen Heu, welches sie in Form eines grossen Ballens in der Weide haben. Daneben ist ein älteres Pferd und ein Lama, sie bekommen auch Wasser und für den Senior gibt’s zusätzlich Extra-Futter. Den beiden Ponys gebe ich täglich je eine Gabel Heu, weil sie sich sonst an einer ganzen Balle überfressen würden. Die beiden Katzen, die drei Hunde und der Goldfisch erhalten ebenfalls täglich Futter. Das ist mein gesamtes Arbeitspensum. Im Haus halte ich das Feuer im Holzofen am Laufen und geniesse den Christbaum.

Housesitting vor Weihnachten

Nach vier Tagen Trubel und einigen Kämpfen mit den Kindern und ihren Spielzeuggewehren freue ich mich wieder alleine zu sein. Es ist etwas ganz anderes als auf der Strasse und im Auto zu leben. Ich kann warm duschen, es ist warm, wenn ich aufstehe und ich habe Licht so lange ich möchte. Endlich komme ich dazu, einige meiner Berichte auf meiner Website zu veröffentlichen und so meiner Familie und meinen Freunden einige Erlebnisse aus meinem Jahr 2019 zu präsentieren.

Viel Zeit für ein Thema

Schon in der Schweiz habe ich mir gerne verschiedenste Vorträge auf Youtube angeschaut. Das braucht Zeit und jeder Vortrag bringt mir einen neuen spannenden Menschen näher. Nun habe ich endlich die Zeit dazu. Es befriedigt mich sehr, mich über einige Themen sehr ausführlich zu informieren. Neben dem (für mich) altbekannten Prof. Dr. Gerald Hüther, welcher aus Sicht eines Neurobiologen zum Thema Lernen, Potenzial Entfaltung und Umgang mit anderen Menschen forscht und darüber erzählt, beschäftige ich mich vor allem mit dem Klimawandel. Die Fridays for Future-Bewegung und den Wahlerfolg der Grünen in der Schweiz habe ich leider nur aus der Ferne mitverfolgt. Gerne würde ich etwas tun, um den Kampf gegen den Klimawandel voranzutreiben. Das ist nicht einfach hier in Nordamerika. Was kann ich dazu beitragen, wenn ich irgendwo an einem Fluss zelte und die Umgebung geniesse. Konsumgüter habe ich dieses Jahr fast keine eingekauft. Nur meine „kleine Wohnung“ im Truck habe ich eingerichtet und meine Bergschuhe, die nach vielen Besuchen beim Schuhmacher nicht mehr zu reparieren waren, durch neue ersetzt. Lebensmittel kaufe ich in Alaska ähnlich wie in der Schweiz ein: viel Gemüse, Teigwaren und Hülsenfrüchte, wenn möglich Bio und regional. Ab und zu erwische ich sogar einen Wochenmarkt oder finde einen Hof mit Direkt-Vertrieb wie jener ausserhalb von Dawson City, wo ich so in den Genuss der besten Karotten weltweit komme. Nur mein Auto verbrennt Benzin am Laufmeter. Weil Alaska und Kanada so gross sind, habe ich schon 25'000 Kilometer mit dem Auto zurückgelegt, wodurch ich natürlich einen sehr schlechten ökologischen Fussabdruck aufweise. Das würde sich nur mit grossen Umstellungen in meinem Reiseverhalten ändern lassen, was ich zurzeit nicht möchte. Doch das Thema lässt mir keine Ruhe und so höre ich während des Zimtsterne backens Physik im Theater «Menschheit in der Klimakrise - die wichtigsten Daten und Fakten» von Prof. Dr. Stefan Rahmstorf vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Er erklärt in 2.5 Stunden die Physikalischen Grundlagen des Klimawandels und einige sehr interessante globale Klimaphänomene. Zudem betreibt er den Blog Klimalounge , auf dem er Tagesthemen des Klimawandels kommentiert oder Grundlagenwissen vermittelt. So landet man dann von einem Wissenschaftler zum nächsten. Interessante Vorträge und Youtube-Videos gibt es auch von Prof. Dr. Volker Quaschning. Er ist Professor für Erneuerbare Energien und beschäftigt sich insbesondere mit der Energiewende und dem Ausbau von Photovoltaik und Windenergie. Über die Pressekonferenz von Scientists für Future in Deutschland bin ich auf Prof. Dr. Maja Göpels gestossen. Die Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen referiert unter anderem zu Gesellschaftlichen Transformationsprozessen. Von ihr gibt es einige spannende Vorträge im Netz. Für meinen Geschmack allerdings zu wenige, ihr könnte ich noch lange zuhören.
Wie solch grosse Umbrüche wie die Abschaffung des Sklavenhandels oder die Einführung des Stimmrechts für Frauen entstanden sind, erläutert Prof. Dr. Uwe Schneidewind. Gemäss seinen Aussagen gibt es fünf Phasen eines Umbruchs. Im Klimawandel sind wir bei Phase drei angelangt. Die vierte Phase wäre dann der grosse Umbruch, wenn sich in der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik wirklich etwas ändern würde. Wenn man sich die deutschen Talkshows zum Klimawandel aus dem Jahre 2019 anschaut, kommt man an einer Frau nicht vorbei: Luisa Neubauer . Die Geographie-Studentin ist der Kopf der deutschen Fridays for Future-Bewegung und dank ihrer sympathischen und eloquenten Art oft interviewt worden.
Sie hat zusammen mit Alexander Repenning das Buch Vom Ende der Klimakrise geschrieben. Es ist lesenswert, insbesondere das Kapitel «Die Lücke zwischen Wissen, Wahrnehmen und Handeln», in dem sie die Gefühlslage von vielen umweltbewussten Menschen beschreiben. Denn umso mehr man sich über das Thema Klimawandel informiert, umso unverständlicher wird es, wieso sich nicht schon lange etwas grundsätzlich verändert hat. Das kann einem ganz schön deprimieren. «Climate anxiety» Klimafurcht nennt sich das Phänomen. Neubauer und Repenning erkennen in der Klimakrise auch eine Informationskrise. Daher plädieren sie für folgende fünf Schritte. 1. Informiert euch über das Informieren. 2. Erzählt die Wahrheit, die ganze Wahrheit. 3. Informiert (euch) über den Anfang vom Ende. 4. Werdet Informierer*innen. 5. Informiert euch übereinander. Durch das Lesen dieses Buches habe ich mich entschieden kleine Informationsstücke, die ich zur Klimakrise erfahren habe mit meinen Bildern weiter zu geben. Daher wird es immer wieder Instagram- und Facebook-Beiträge mit Hintergrundinformationen zum Klimawandel geben.
Ein weiteres grosses Thema heutzutage ist die Digitalisierung, immer mehr auch im Bildungsbereich. Zu diesem Thema forscht Prof. Dr. med. Dr. phil. Manfred Spitzer. Er gibt der Digitalisierung in der Bildung sehr schlechte Noten. Das Fazit seiner Vorträge ist: die Digitalisierung in den Schulen nützt den guten Schülerinnen und Schülern nichts und es schadet den Menschen mit schlechten Noten. Das gibt einem schon sehr zu denken, wenn man sieht, wie viel Geld weltweit in die Digitalisierung unserer Bildung investiert wird.

Der tote Hund

Immer wenn ich vor dem Mittag nach draussen gehe um die Tiere zu füttern, springen mir die drei Hunde entgegen. Scout der kleinste vorneweg und die beiden grossen etwas langsamer hinterher. Doch heute kommen nur zwei auf mich zu. Der dritte liegt noch in seiner Hütte. Ich stupfe ihn an um ihn zu wecken und merke, dass er ganz kühl und hart ist. Ich streichle ihn, doch er bewegt sich nicht. Er muss in der Nacht verstorben sein. Der ganze Körper ist schon kalt und hart. Das hätte jetzt nicht sein müssen. Ich schreibe Jamie, was passiert ist und bin etwas aufgeregt, wie er wohl antworten wird. Zum Glück nimmt er den Tod seines Hundes relativ gelassen. Auf jeden Fall gibt er mir keine Schuld. Ich verschliesse den Eingang der Hundehütte, bis die Familie zurück kommt.

Zu Weihnachten gibt’s neue Spielzeuge

Es ist Weihnachtsmorgen und das grosse Geschenkeauspacken beginnt. Für jeden hängt an der Treppe eine Riesen-Socke gefüllt mit Geschenken. Die Kinder werden überhäuft mit Spielsachen, obwohl sie schon in Spielzeugen schwimmen. Für meinen Geschmack etwas viel Plastik, viele kleine Dinge, die einem schnell verleiden, und einige Sachen, für die sie noch zu klein sind. Einen Legotechnik-Bausatz kann Hadrian nur mit Hilfe eines Erwachsenen zusammen setzen, doch daran wird er wohl einige Jahre Freude haben. Natürlich gibt es wieder neue Gewehre und neue Munition. Neuen Schlachten steht nichts mehr im Wege. Mit den Spielzeuggewehren gibt es eine wichtige Regel im Haus. Man darf nur auf Leute schiessen, die auch eine Waffe in der Hand haben. Das wird von den Kindern natürlich nicht immer eingehalten, es wird geschummelt, nach dem Schuss wird die Waffe schnell zu Boden gelegt. Auch ich erhalte eine Socken voll mit Geschenken. Neben Handwärmern, Handschuhen, Essbarem, Putztüchern auch noch eine kleine Legoschachtel und eine Camping-Lampe. Damit habe ich nicht gerechnet und freue mich sehr darüber.

Kanada und USA

Grossvater Reid erzählt mir einige Geschichten aus seinem Leben. Einmal kommen wir auf die Fernsehserien zu sprechen. Er sagt, seit dem Internet und insbesondere durch Netflix habe sich die Fernsehwelt in Kanada sehr geändert. Früher gab es eine Quote, wie hoch der Anteil an kanadischen Sendungen sein musste. Das ist heute natürlich nicht mehr umsetzbar und Reid meint, man spüre die Auswirkungen in der Gesellschaft. Die alten kanadischen Serien und Filme hätten alle gewisse Werte wie Respekt, Miteinander und Fürsorge vermittelt. Das sei heute mit den vielen amerikanischen Inhalten nicht mehr so.

Umgang mit vier kleinen Kindern

Besonders überrascht war ich wie sie hier mit den vier Kindern umgehen. Es gibt einige einfache Regeln, darüber hinaus sind die Kleinen sehr frei. Sie spielen nicht nur mit ihren Spielsachen sondern auch mit den Werkzeugen, mit denen wir die Heizung umbauen oder mit jeglichen Küchenutensilien. Keiner ist zu klein um mitzuhelfen, egal ob beim Brot backen oder Nudeln herstellen. Falls sie doch einmal zu übermütig werden, setzt sich jemand mit ihnen hin und liest ein Buch vor. Es ist meistens laut und hektisch, es wird viel geweint, aber sie entschuldigen sich gegenseitig, wenn sie sich weh tun.

Quad- und Schneemobilfahren

Um den Hof zu erkunden, darf ich mich auf den Quad setzen und über das Weideland fahren. Hinunter bis zur grossen verlassenen Biberburg und zurück durch den Wald. Einmal bleibe ich auf einem gefällten Baum stecken. Doch mit Würgen und Zerren kann ich die kleine Maschine wieder ins Freie schieben.
An einem sonnigen Tag mache ich einen Ausflug zum nahe gelegenen Bear Mountain Windpark. Die 34 Turbinen mit einer Höhe von jeweils 119 Metern produzieren je 3 Millionen Watt, was für 1000 Haushalte reicht. Ich geniesse die Aussicht von diesem erhöhten Punkt und fliege mit der Drohne um die Windräder. Gegen Abend mache ich mich auf den Weg zu Jenifers Eltern. Sie wohnen ausserhalb von Dawson Creek am Rande des Peace Rivers, welcher hier eine regelrechte Schlucht bildet. Ich darf ihr Schneemobil ausleihen, um zur Kante vorzufahren. Es macht richtig Spass mit diesen Dingern über die Felder zu fahren. So ein Schneetöff hat unglaubliche Kraft und man kommt sehr schnell voran. Der Sonnenuntergang am Rande des Flusses ist schön aber nicht besonders. Anschliessend werde ich zum Abendessen eingeladen und wir zeigen einander gegenseitig Fotos von unseren Wildnis-Abenteuern.

Chnöpfli, Turkey und Speck

In dieser Zeit esse ich immer gut. In der grossen Küche wird oft zusammen gekocht. Speck und Eier gibt es fast täglich. An Weihnachten wird natürlich ein Turkey aufgetischt. Das Brot backen sie selber und auch die Nudeln bereiten wir frisch zu. Besondere Freude habe ich an ihrem Pizzaofen. Draussen auf der Terrasse wird der Metallofen mit Holzpellets eingeheizt. Drinnen belegt jeder ein bis zwei Pizzas mit einem Durchmesser von etwa 20 cm und die backen wir im heissen Ofen. Pro Pizza dauert es nur 30 Sekunden, dann ist sie bereit. Jeder kann dann von jeder Pizza ein Stück probieren und so wird es ein sehr abwechslungsreiches Abendessen. Um ihnen etwas aus der Schweiz zu zeigen, bereite ich an einem Abend für alle Chnöpfli zu. Leider habe ich mein Chnöpflisieb nicht dabei, ich muss also improvisieren. Schlussendlich bringt die grobe Küchenraffel die besten Ergebnisse. Die Chnöpflis schmecken sehr gut, auch weil die Familie richtigen Käse hat und nicht nur den chemisch-künstlich anmutenden Cheddar.

Skifahren im Powder King Mountain

Nach fast einem Monat im Flachen und der Aussicht auch die nächsten zwei Monate ohne Berge zu verbringen, will ich nochmals zurück in etwas hügligere Gegenden. Jamie erzählt mir von einem kleinen Skigebiet, dem Powder King Mountain. Das hört sich grossartig an. Daher mache ich mich im neuen Jahr auf in die Berge. Am Freitagabend gibt es nochmals eine grosse Ladung Neuschnee, ideal um am Wochenende Ski zu fahren. Die Anlage besteht aus einem langsamen 3er-Sessellift und einem Skilift. Die Pisten verteilen sich auf beiden Seiten und sind mehrheitlich nicht präpariert. Mir kommt es vor, als führe ich in Grabs über den Galfer, und das den ganzen Tag lang.
Geschlafen habe ich im Dachzelt auf dem Parkplatz vor dem Hostel, dessen Dusche ich benutzen durfte. Nun bin ich bereit für die Schlittenhunde und fahre zurück nach Alberta.
 
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