Braunbären in Slowenien
Slowenien beherbergt eine der bedeutendsten und stabilsten Braunbärenpopulationen Mitteleuropas. In den dicht bewaldeten Regionen der Dinarischen Alpen leben derzeit zwischen 750 und 950 dieser majestätischen Raubtiere. Die Erfolgsgeschichte der slowenischen Bären basiert auf mehreren Faktoren. Fast 60 Prozent des Landes sind von Wald bedeckt, was Slowenien zu einem der waldreichsten Staaten Europas macht. Im Gegensatz zu den wirtschaftlich genutzten Monokulturen anderer Länder dominieren hier naturnahe Mischwälder aus Rotbuchen, Fichten und Tannen. Ein 1993 novelliertes Forstgesetz verbietet grossflächige Rodungen; Bäume werden nur selektiv entnommen, was den Lebensraum der Bären optimal erhält.
Die Hauptverbreitungsgebiete der Bären erstrecken sich über eine Fläche von etwa 5000 Quadratkilometern, in den urwüchsigen Wäldern rings um den Berg Sneznik. Diese Region entspricht in Grösse des Kanton Wallis. Die hohe Konzentration an Bären in diesem relativ kleinen Gebiet ist einzigartig in Europa. Die slowenischen Bären spielen auch eine Schlüsselrolle bei der Wiederansiedlung in anderen Alpenregionen. So stammen beispielsweise alle heute im italienischen Trentino lebenden etwa 60 Bären von zehn slowenischen Tieren ab, die um die Jahrtausendwende dort angesiedelt wurden. Auch die gelegentlichen Bärensichtungen in Österreich, der Schweiz und sogar Deutschland gehen auf wandernde Bären aus Slowenien oder deren Nachkommen zurück.
Das Zusammenleben von Mensch und Bär funktioniert in Slowenien vergleichsweise gut. Dies liegt zum einen am ausreichenden Lebensraum und Nahrungsangebot in den ausgedehnten Wäldern, zum anderen an der jahrhundertelangen Erfahrung der lokalen Bevölkerung im Umgang mit den grossen Raubtieren. Durch gezielte Managementmassnahmen, wie beispielsweise die Einrichtung von Futterstellen, werden Konflikte minimiert.
Die slowenische Bärenpopulation gilt heute als Quellpopulation für die gesamte Alpenregion. Ihre genetische Vielfalt und stabile Größe macht sie zu einem wichtigen Baustein im europäischen Artenschutz. Junge, abwandernde Bären sorgen für einen natürlichen Austausch zwischen den Populationen und tragen zur Wiederbesiedelung ehemaliger Verbreitungsgebiete bei. Dennoch steht das Land vor Herausforderungen. Die hohe Bärendichte kann regional zu Konflikten führen, etwa wenn Bären in der Nähe von Siedlungen nach Nahrung suchen. Auch die zunehmende Zerschneidung der Landschaft durch Verkehrswege stellt eine Gefahr dar. Durch professionelles Wildtiermanagement, intensive Forschung und Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung versucht Slowenien, den Fortbestand seiner Bärenpopulation langfristig zu sichern.
Das Land gilt heute europaweit als Vorbild für erfolgreichen Bärenschutz und zeigt, dass ein Zusammenleben von Mensch und Großraubtier möglich ist, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die Erfahrungen aus Slowenien sind wertvoll für andere Länder, in denen Bären wieder heimisch werden.